Kleine Anfrage: Notfallzulassung für Neonicotinoide im Zuckerrübenanbau

Um kritische Fragen im Zusammenhang mit der Notfallzulassung für gebeiztes Saatgut für den Zuckerrübenanbau zu beleuchten, hat der umweltpolitische Sprecher der GRÜNEN im Landtag, Dr. Bernd Murschel, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus den GRÜNEN-Arbeitskreisen Umwelt und Landwirtschaft eine Kleine Anfrage gestellt.

Die Antwort des Landwirtschaftsministeriums bewertet Murschel als wenig zufriedenstellend: „Minister Hauk fasst den Begriff ‚Notfall‘ hier sehr weit. Von einem solchen auf zwei Drittel der gesamten Anbaufläche zu sprechen und damit ein EU-weit verbotenes Insektizid freizugeben, weil es unter Umständen zu Ernteeinbußen kommen könnte, halte ich für vorschnell – insbesondere in Anbetracht der schwammig formulierten Begleitmaßnahmen“, stellt Murschel fest. „Natürlich ist es nachvollziehbar, dass das Landwirtschaftsministerium auf eine Notfallzulassung setzt, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Auf kurze Sicht ist damit den Landwirtinnen und Landwirten geholfen – die Ernte für dieses Jahr ist gerettet. Eine kritische Auseinandersetzung und langfristige Lösungsansätze suchen wir jedoch vergeblich. Ganz im Gegenteil: die Antwort liest sich wie die Reklame eines Beize-Herstellers.“

Es werde deutlich, dass im Lichte klimawandelbedingter Änderungen nach ganzheitlichen, naturverträglichen Alternativen gesucht werden müsse – aber ein Bemühen darum ließe das Landwirtschaftsministerium nahezu in Gänze vermissen. „Denkt man die vermeintliche Alternativlosigkeit des Landwirtschaftsministeriums weiter, so tut sich ein Szenario auf aus extremem Wetter, immer stärkeren Pestizideinsätzen, resistenten Starkbefällen und einer Landwirtschaft, die nicht mit, sondern gegen die Natur wirtschaftet.“

„Wir fordern Minister Hauk auf, sich nicht nur von Notfallzulassung zu Notfallzulassung zu hangeln, sondern auch langfristig Verantwortung zu übernehmen und flankierend zu der Beantragung der Notfallzulassungen intensiv an ganzheitlichen und verstärkt agrarökologischen Lösungsansätzen für dieses Problem zu arbeiten. Ein solches Vorgehen wäre dann auch im Sinne des erst vor Kurzem verabschiedeten Biodiversitätsstärkungsgesetzes“, so Murschel.

 

Hintergrund für die Anfrage ist eine Notfallzulassung: Seit dem 1. Januar 2021 und bis zum 30. April 2021 darf in Baden-Württemberg auf ca. 12.000 Hektar um Südzucker Offenau gebeiztes Saatgut für den Zuckerrübenanbau ausgebracht werden. Eine entsprechende Notfallzulassung hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erwirkt. Eingesetzt wird die Beize „Cruiser 600 FS“, ein insektizides Saatgutbehandlungsmittel für Zucker- und Futterrüben zur Bekämpfung von im Boden befindlichen Schädlingen sowie saugender und beißender Insekten. Der Wirkstoff ist Thiamethoxam, ein sogenanntes Neonicotinoid – oder kurz Neonic. Das Mittel wird als sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung eingestuft.

 Zwar ist die Anwendung von Neonicotinoiden bereits seit 2018 laut EU-Pflanzenschutzmittelverordnung untersagt, jedoch kann eine Notfallzulassung beantragt werden, wenn das aktuelle Aufkommen bestimmter Schadorganismen mit den zur Verfügung stehenden Pflanzenschutzmitteln oder alternativen Verfahren nicht mehr bekämpft werden kann. Das aktuelle Aufkommen von Blattläusen als Virusvektoren in Zuckerrüben und die damit verbundene Übertragung des Vergilbungsvirus stellt laut Notfallzulassung einen solchen Fall dar.

Die Kleine Anfrage sollte klären, ob die Notfallzulassung tatsächlich alternativlos ist und inwiefern sich das MLR bemüht, alternative Verfahren zum Einsatz dieser Neonics zu entwickeln, um mittelfristig eine gangbare Alternative zur Notfallzulassung bieten zu können.

 



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